Donnerstag, April 20, 2006

I like your observations


Etwas ganz, ganz tolles ist passiert! Ich hatte heute mal wieder eine Audienz bei András, meinem Prof. Und die lief su-per. Weltklassetennis. Nachdem ich den ganzen Tag versucht hatte, einen Slot bei ihm zu bekommen, war es dann gegen viertel fünf so weit. Zunächst berichtete ich ihm darüber, wie ich seine Übungsaufgaben bewältigt hatte. Das war soweit OK. In der Zwischenzeit kam jemand rein und meinte was zu ihm über einen Schlüssel, den er hat und nicht braucht. Da kam schon mal das eins zu null für mein Ungarisch: ich bekam mit, dass es um den Schlüssel für Zimmer 518 ging, wo der Drucker steht. Ich mischte mich also schnell ein und ta ta ta taaa hatte den Schlüssel. Und das, nachdem ich seit zwei Wochen hinter dem her bin.

Es stellte sich dann raus, dass ich eine Aufgabe nur halb gemacht hatte. Gut, kleiner Rückschlag. Dann rief ihn aber seine Frau auf dem Handy an und: ich habe verstanden, worum es ging! Sein Kind musste zum Klavierunterricht, und dummerweise ist der rakpart heute nachmittag zwischen Petőfi híd und Erszébet híd gesperrt, weil die Fidesz ihre letzten Kräfte vor dem zweiten Wahlgang mobilisiert. Ich war selber ganz überrascht und konnte nicht umhin, ihm das gleich zu sagen. Also scheint sich das frühe Aufstehen jeden Tag bezahlt zu machen. 2:0 für mein Ungarisch!


Das beste war aber, als wir dann zum exakten Matching in rot-blau-gefärbten Graphen kamen. Da habe ich ihm also von meiner alternativen Formulierung des Theorems und dem Beweis dazu erzählt. Und: er fand das toll! Ich hatte mir nämlich letzte und vorletzte Woche die Finger mit lauter roten und blauen Klecksen verschmutzt bei dem Versuch, die krude klingenden Theoreme für komplette und komplette bipartite Graphen in eins zu gießen und dabei rausgefunden, wie man die Sonderfälle, die nicht gehen, nur über Bedingungen an die geraden Kreise im Graphen charakterisieren kann. Woraufhin er meinte, dass sei interessant, das fände er schön, also: You have made nice observations, I like them. Weil sie nämlich die Essenz des Problems besser darstellen. Ha!

Zur Erklärung: eine Observation ist so ungefähr das kleinste originale Mathematische Achievement. Das größte ist ein Deep Theorem. Dazu wird's bei mir ganz sicher im Leben nicht reichen. Vermutlich nicht einmal zu einem Corollary. Trotzdem hatte ich das Gefühl, das sich die langen Abende an der Uni schon ein bißchen ausgezahlt hatten. Wie ich aussehe, wenn ich nach so einem langen Abend nachts auf die Tram warte, seht ihr oben. Man beachte die vor Erschöpfung glasigen Augen.

Ansonsten gibt es folgende Neuigkeiten:
  • Meine Sven-Väth-Front bröckelt in sich zusammen. Alle sagen ab, angeblich wegen Unistress. Diese Opfer. Ist mir egal: ich gehe trotzdem. Es wäre einfach zu unreif, sich dauernd über das Budapester Nachtleben zu beschweren und dann nicht zu Sven Väth zu gehen bloß weil keiner meiner kleinen Freunde mitkommt.
  • Die Frauen in meinem Ungarischkurs nerven mich. Dauernd müssen sie Englisch sprechen. Meine Güte. Aber siehe oben, ich lerne ja trotzdem was. Habe jetzt auch angefangen, meinen Vokabeltrainer auf dem Handy wieder zu benutzen. Ziel: 2000 Vokabeln im (passiven) Wortschatz in zwei Wochen.
  • A propos Handy: wegen der selbstkasteienden Einschränkung meiner Computeranschaltzeiten habe ich etwas rumgespielt und mir meine Email-Accounts aufs Handy geholt. Das funktioniert super! Ich kann jetzt morgens in der U-Bahn schnell Mail checken und schonmal den ganzen doofen Spam löschen. Nur kann ich nichts vom ZIB-Account aus senden, weil der Server nur einen unorthodoxen Port für Sendmail erlaubt.
  • Meine Behördengänge haben ein gutes Ende gefunden: Tatsächlich war meine Steuernummer gestern da, ich musste auch gar nicht lange warten. Bei der Univerwaltung waren sie's zufrieden und jetzt müsste ich im Prinzip Anfang April Geld bekommen.
  • Nachdem Ostermontag ein Hauch von Frühsommer/Hochfrühling anklang, ist es jetzt wieder öfter mal am Regnen. Aber nicht kalt!
Das oberste Bild zeigt mch übrigens auf der Szabadság híd, die das Géllert und die Markthalle verbindet. Im Hintergrund sieht man das eigentlich ziemlich schöne Befreiungsdenkmal, nach dem 2. Weltkrieg aufgestellt. Das schaue ich auch immer sehnsüchtig an, wenn die Ungarischstunde mal wieder etwas doof ist.