Montag, April 10, 2006

Der Tag, an dem das Wasser weg war

So sieht es also aus, wenn sich ein Fluss verkrümelt. Das obere Bild habe ich am Samstag geschossen, da kam die Leitplanke der Uferstraße (rakpart) schon wieder raus. Man sieht im Hintergrund da ungarische Nationaltheater und die Lagymanyos híd, grauselige Architektur. Vor allem die Brücke - da Nationaltheater hat die kitschige Eigenschaft, dass es nachts funkelt. Na ja, wenn das muss... unten sieht man dann die Bilder von heute: alles wieder klar, die Stadtreinigung putzt noch, und dann können die Straßen morgen oder übermorgen wieder befahren werden.
Das Hochwasser geht also pünktlich zur Wahl zurück. Ich habe gestern den ganzen Tag zuhause gesessen und gearbeitet und nebenbei inforadio.hu gehört. Nachdem ich ungefähr vier Stunden lang dieselben Nachrichten immer wieder gehört hatte, hatte ich sogar ungefähr eine Ahnung von dem Ergebnis. Wir könnten Zeugen des historischen Ereignisses werden, dass eine demokratische Regierung in Ungarn wiedergewählt wird: Igen, die MSZP hat gewonnen. Die Fidesz liegt knapp dahinter und - für viele Ungarn wichtig - beide kleinen Parteien sind weiter drin.

Allerdings gibt es noch einen zweiten Wahlgang. Das ungarische Wahlsystem ist zum Teil an das deutsche angelehnt - also ziemlich kompliziert. Im Prinzip funktioniert das wie bei uns, also mit Erst- und Zweitstimme und Landeslisten. Der Unterschied: in zwei Wochen wird ein zweiter Wahlgang fällig (und das ist hier immer so), in dem in den Wahlkreisen, in denen kein Direktkandidat die absolute Mehrheit bekommen hat, nochmal die Erststimme vergeben wird. Allerdings sind dann die Kandidaten raus, die im ersten Durchgang sehr wenig Stimmen hatten. Dann wird über die Liste so aufgefüllt, dass das Sitzverhältnis gemäß den Erststimmen gilt. Es gibt auch eine Art Überhangmandate, und: auf irgend eine Tour werden auch die Erststimmen des ersten Durchgangs noch gezählt, die für einen unterlegenen Kandidaten vergeben wurden, weil die ja " verschenkt" waren. Wie genau, konnte mir kein Ungar erklären. Und das, obwohl ich mit einigen über die Wahl, das Ergebnis, und das System heute gesprochen habe.

Um es also kurz zu machen: beide Kontrahenten (Gyurcsány und Orbán) haben noch eine Chance, aber die Fidesz müsste im zweiten Durchgang einen Erdrutschsieg hinlegen, woran offensichtlich nur noch deren Anhänger glauben wollen. Nichtsdestotrotz heißt die Parole der Fidesz: wer zuletzt lacht, lacht als letzter. Ja, so sagt man das hier - wörtlich übersetzt - in Ungarn.
Genau da Thema: Ungarisch. Heute hat das geregelte Leben angefangen! Das heißt: ich stehe jeden Morgen um 7 auf und gehe erstmal 2 Stunden zum Ungarischkurs. Heute war das erste Mal - und ich hatte ja etwas Schiß, das das Niveau zu schwer ist. Ich komme also dahin und bin der erste. Um kurz nach Acht kommt der Lehrer mit einer weiteren Schülerin und schließt erstmal die Tür auf. Ich setze mich also mit der Frau da rein. Schon ihr "Hello" (sagt man auch in Ungarn) klingt eher Profimäßig. Da fragt sie mich auf einmal was, und ich versteh eher Bahnhof. Kalter Schweiß bricht aus. Dann sagt sie noch irgendwas, das ich gerade so parieren kann, und ich frage sie, woher sie kommt. Innerlich denke ich schon: na toll, da hast du dir wohl sonstwas eingebildet, und jetzt sind das hier alles voll die Profis. Die schmeißen dich gleich aus dem Kurs. Da sagt sie auf einmal, dass sie nur Assistenzlehrerin ist und der Stunde zuschaut. *Schweiß abwisch*

Die Mitschüler kamen dann etwa später... das Gute: kein Deutscher. Bislang eine Kroatin und eine Russin. Das Blöde: deren Niveau scheint unter meinem zu liegen. Die kriegen keinen ordentlichen Satz raus und ich war da vom Level deutlich weiter. Mist! Kann mir jemand, der davon Ahnung hat, bitte nochmal sagen, wie das Lernpsychologisch ist? Lernen die Guten in einer Gruppe besonders viel, oder ziehen die die Schlechten mit und leiden darunter? Den Kurs zu wechseln wäre ziemlicher Heckmeck, aber wenn mein Eindruck in drei Tagen noch derselbe ist, sprech ich mal mit dem Lehrer. Der Lehrer selbst scheint OK. Aber er zieht den Mädels die meiste Zeit die Würmer aus der Nase und ist schon froh, wenn die ein Wort wissen. Die Grammatik korrigiert er nur manchmal - und gerade das brauch ich doch jetzt!
Bleibt noch zu erwähnen, dass heute der Schornsteinfeger bei mir war. Ihr erinnert euch? Második értesítés? Das war aber relativ locker, weil ich - glaube ich - gar keinen Kamin habe. Da steht zwar ein Kachelofen, aber der muss dysfunktional sein, ich heize mit Gas. Also musste der nur zwei Formulare ausfüllen, die ich jeweils zweimal unterschreiben musste und von denen ich einen Durchschlag bekommen habe. Auf meine Frage, was ich mit dem Wisch tun soll, meinte er nur: eltenni. Gut weglegen. und schien verwundert, warum man einen Akt der Bürokratie auch nur ansatzweise in Frage stellen sollte. Ja ja, die Ungarn...

2 Kommentare:

Anonymous Anonym meint...

wieso nutzt eigentlich niemand diese kommentarfunktion, um der perle, die zur zeit in der perle an der donau wohnt, zu schreiben?
komm gesund wieder, deine olfe braucht dich!
kristof

11.4.06  
Anonymous Anonym meint...

Hallo Hans,

wechsel den Sprachkurs, unterfordert sein ist noch schlimmer als überfordert sein, und das bei deinem sprachaffinen Superhirn.

Gruß, die Linguistin

12.4.06  

Kommentar veröffentlichen

<< Home